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Gesundheitsrisiken und Langzeitschäden durch Apnoetauchen...?

Beim Apnoetauchen oder Freitauchen atmet der Taucher vor dem Abtauchen ein und nutzt im Gegensatz zum Gerätetauchen für den Tauchgang nur diesen einen Atemzug. Den Zeitraum des Luftanhaltens bezeichnet man als Apnoe.
Apnoetauchen ist in den vergangenen Jahren zu einer Trendsportart avanciert und im Breitensport angekommen. Sämtliche Tauchverbände bieten Ausbildung und Ausübung im Apnoetauchen „für Jedermann“ an. Apnoetauchen ist daher auch Gegenstand sportphysiologischer Untersuchungen mit Fokus auf der Adaptation des Herzkreislauf- und Lungensystems.

Das Apnoetauchen in drei Disziplinen aufteilen:

  • Tieftauchen (mit und ohne Hilfsmittel)
  • dynamisches Tauchen (Streckentauchen, mit und ohne Flossen)

und 

  • statisches Tauchen (Zeittauchen ohne Körperbewegung)

Meines Wissens liegen die Weltrekorde im Apnoetauchen bei 210‫ m Tieftauchen, 230 m Streckentauchen und in der statischen Disziplin bei 10 min Verweilen unter Wasser.

Das Apnoetauchen ist durch große Leistungsunterschiede gekennzeichnet. Es gibt Menschen, denen die Adaptation an die Unterwasserwelt schlagartig gelingt, während andere eher mühsam ihren Weg suchen und Zeit benötigen. Unabhängig von der persönlichen Leistung ist der grundsätzliche Vorgang beim dynamischen Apnoetauchen immer der gleiche:
Nach entsprechender Vorbereitung folgt nach dem Start eine Phase des absoluten Wohlfühlens, die so lange anhält, bis der im Wesentlichen über den ansteigenden pCO2 getriggerte Atemreiz einsetzt. Dieser physiologische Abbruchpunkt zwingt Ungeübte rasch zum Atemholen an die Oberfläche. Zunehmende Erfahrung mit den eigenen Reaktionen ermöglicht es, diesen ersten Abbruchpunkt willentlich zu ignorieren, was dann mit mehr oder weniger Stress verbunden ist. Weil sich das Zwerchfell mit heftigen Faszikulationen bemerkbar macht, wird das Ganze sehr unangenehm. Diese sogenannte „Struggle-Phase“ leitet für die meisten den endgültigen Abbruchpunkt ein. Die geübten Apnoeisten haben sich Mechanismen antrainiert, mit denen sie auch diesen „endgültigen Abbruchpunkt“ zum Teil noch sehr wesentlich hinauszögern können. Es ist nachvollziehbar, dass hieraus auch riskante Situationen resultieren können.
Grundsätzlich können durch Apnoetauchen Gesundheitsprobleme resultieren: hypoxie-assoziierte (Sauerstoffmangel) Akutereignisse und Langzeitschäden, akute Lungenödeme oder Überdehnungen der Lungen durch bestimmte Atemtechniken.

 

Beginnender oder manifester Verlust des Bewusstseins...

Ereignisse mit beginnendem oder manifestem Bewusstseinsverlust beim oder unmittelbar nach Beendigung des Apnoetauchen sind unvermeidbar. In der „Szene“ spricht man allgemein von „Blackouts“. Die Gefahr eines Blackouts besteht grundsätzlich immer, wenn unter Wasser der Atem angehalten wird. „Schwimmbad-Blackout“ und die sogenannte „Flachwasser-Ohnmacht“ sind mutmaßlich häufiger als weithin angenommen, weil sie bei entsprechender Absicherung zumeist folgenlos ablaufen. Gefährdungsanalytisch ist diese Dunkelziffer allerdings bedenklich. Denn pathophysiologische Überlegungen und neuere wissenschaftliche Erkenntnisse legen nahe, dass Apnoe-Blackouts nicht notwendigerweise harmlos sind. Sie stellen nämlich eigentlich schwerste Ereignisse akuter Hypoxie unter ungünstigsten Bedingungen dar. Der Bewusstseinsverlust tritt nach dem Aufbrauchen der allerletzten Sauerstoffspeicher in Blut- und Gewebespeichern ein. Kausale Ursache des Blackouts ist die absolute Hypoxie des ZNS. Es ist nicht auszuschließen, dass die Schwelle zu einer permanenten hypoxischen Schädigung des ZNS dann bereits erreicht ist. Der Handlungsspielraum der zur Absicherung eingesetzten Personen auf der Zeitachse ist in dieser Situation extrem schmal. Es besteht ‫überdies Ertrinkungsgefahr. Um deren Häufigkeit einzudämmen, werden im internationalen Apnoe-Wettkampfsport „Blackouts“ mit Disqualifikation und Sperren geahndet.

Hyperinflation der Lungen...

Durch antrainierte Hyperinflation ihrer Lungen erreichen Apnoe-Spezialisten eine Erhöhung der Totalkapazität um bis zu 30%.
Dieses als „Lungenpacken“ benannte Manöver kann leider jeder erlernen, also auch „Hobby-Rekordler“....
Wenn die Lungen „voll gepackt“ sind, drücken sie von beiden Seiten derart auf das gesamte Mediastinum, dass der venöse Rückstrom unterbrochen werden kann. Das Manöver funktioniert nur dann ohne Probleme, wenn unmittelbares Abtauchen sehr rasch zur exponentiellen Volumenreduktion der Lungen gemäß dem Gesetz von Boyle-Mariotte führt. Ansonsten besteht die Gefahr einer Synkope (Eine Synkope ist ein kurzzeitiger Bewusstseinsverlust. Sie ist die Folge einer Minderdurchblutung des Gehirns) vor dem Abtauchen oder einer Überdehnung der Lungen mit arterieller Gasembolie, Pneumothorax oder -Mediastinalemphysem. Mit dem Manöver des Lungenpackens sind schon Erfahrene häufig überfordert. Zu Lungenödemen kommt es regelhaft, wenn durch tiefenbedingte Kompression des vor dem Abtauchen maximal inspirierten Lungenvolumens das Residualvolumen unterschritten wird und Kompensationsmechanismen fehlen, wie sie geübte Apnoetaucher gelernt haben und einsetzen können. Beim Ungeübten wird diese kritische Tiefe ab 30 m erreicht. Allerdings wird der zunächst nur schwer zu erreichende Effekt des unterschrittenen Residualvolumens gern durch Schwimmbadübungen in drei bis sechs Meter Tiefe simuliert, wenn aus Trainingsgründen nach maximaler Exspiration abgetaucht wird. Dann kommt es auch schon im sehr flachen Wasser zu durch Lungenunterdruck bedingten „klassischen“ Apnoetaucher-Lungenödemen.

Schwimminduziertes Lungenödem...

Bei SIPE (Swimming-Induced Pulmonary Edema) handelt es sich um ein bislang recht unbekanntes anstrengungsinduziertes Lungenödem, das bei ansonsten gesunden Schwimmern und Tauchern vorkommen kann. Als Ursache wird ein Fehler in der Blut-Gas-Schranke in der Lunge angenommen.
Die Mechanismen, durch die SIPE auftritt, sind umstritten, und wahrscheinlich sind mehrere Faktoren erforderlich, damit sich das Phänomen manifestiert.

  • Der hydrostatische Druck beim Eintauchen in Wasser drückt die Extremitäten zusammen und drückt Blut aus dem peripheren Kreislauf (Arme, Beine) in den zentralen Kreislauf (Herz, Lunge, große Gefäße der Brust).
  • Kaltes Wasser kann periphere Verengungen der Blutgefäße und andere neuro-humorale Veränderungen verursachen, die zur zentralen Verschiebung des Blutvolumens beitragen, eng anliegende Neoprenanzüge können die Extremitäten zusätzlich komprimieren. Ein erhöhter Druck irgendwo im Lungenkreislauf (Bluthochdruck der Lungenarterie, „Pumpstörung“ der linken Herzkammer) führt zu einem erhöhten Druckgradienten über die Lungenkapillaren (Dyspnoe = akute Atemnot)

Es wird angenommen, dass SIPE aus einem "perfekten Sturm" einer Kombination dieser Faktoren entsteht, der die Fähigkeit des Körpers zum Ausgleich überfordert und zu einer Überflutung der Alveolen führt.

Ein nicht zu unterschätzendes Thema ist der „oxidative Stress“ im Thema Sport geworden und betrifft auch das Tauchen in Apnoe...

Es gibt eine Vielzahl wissenschaftlicher Studien zu diesem Thema. Ich versuche es das Thema kurz zu halten...
Oxidativer Stress - eine radikale Gefahr! In unserem Körper sollte ein Gleichgewicht aus Oxidantien (werden schädliche Formen des Sauerstoffs bezeichnet) und Antioxidantien (sie kommen natürlicherweise im Körper vor und wir nehmen sie über Mineralstoffe, Spurenelemente, Vitamine und sekundäre Pflanzenstoffe auf und können so unser Abwehrsystem stärken) bestehen, das aufrechterhalten werden muss. Spricht man von oxidativem Stress, dann handelt es sich um eine Dysbalance zwischen oxidativen und antioxidativen Prozessen, welche durch „Freie Radikale“ ausgelöst wird.

Oxidative Belastung im Sport...

Wissenschaftliche Veröffentlichungen können belegen, dass sportliches Training an sich gut für die Gesundheit ist, aber andererseits mit zunehmender Intensität und Dauer oxidativer Stress auftreten kann. Besonders bei ungewohnten und intensiven Bewegungen kann es vor allem durch den gesteigerten Energieumsatz zu einem Anfluten „freier Radikale“ kommen. Freie Radikale entstehen auch durch äußere Faktoren, wie Hitze, UV-Licht oder Strahlung. Aspekte, die zu oxidativem Stress führen, sind:

  • Alkohol- und Drogenkonsum
  • Rauchen
  • Stress  (Struggle Phase)
  • Depressionen
  • Schadstoffe (z.B. Abgase)
  • Umweltgifte (z.B. Pestizide)
  • exzessiver Leistungssport
  • bestimmte Medikamente
  • Krankheiten, Entzündungen und Operationen

Schädigung durch freie Radikale...
Freie Radikale schädigen am Ort ihres Entstehens das umliegende Gewebe. Dazu können zum Beispiel das Erbmaterial (DNA), Zellwände, wichtige Strukturen am Auge sowie die Innenwände der Blutgefäße gehören. Auch Hormone oder Enzyme können angegriffen werden. Zudem sind freie Radikale an der Entstehung vieler Krankheiten beteiligt, unter anderem:

  • Krebserkrankungen
  • Arteriosklerose
  • Defekte am Erbgut
  • Herzschwäche
  • Diabetes
  • rheumatische Erkrankungen
  • Störungen der Schilddrüsenfunktion Parkinson‘sche Krankheit, Morbus Alzheimer Makuladegeneration, Linsentrübung

In einer Studie von 2003 (ich habe da mal ein Ausschnitt dieser Studie) wird behauptet, dass sogenannte „Atempausen“ eine Reduzierung von oxidativen Stress herbeiführt. 
Aber lest selbst...

Fazit

Apnoetauchen zählt nicht zu Unrecht zu den Extremsportarten, denn kleine Fehler und Unwissenheit können tödlich enden. Deshalb vorab schon mal die Warnung: Trainiere niemals alleine! Der sogenannte Schwimmbad-Blackout kommt ohne Vorankündigung.
Grundsätzlich gilt: Apnoetauchen ist mehr eine mentale, als eine technische Angelegenheit. Ein großes Lungenvolumen und körperliche Fitness allein hält keinen Taucher lange unter Wasser. Es ist wichtig, den Körper und vor allem das Gehirn auf Sparflamme zu betreiben, denn allein unser Gehirn verbraucht bis zu 20% der Körperenergie und bis zu 15% des Sauerstoffs, wenn es aktiv arbeitet. Hinzu kommt der Sauerstoffverbrauch der Herzmuskulatur, welcher auch noch ansteigt, wenn du aufgeregt bist. Aus diesem Grund sind diverse Entspannungsübungen grundsätzliche Bestandteile des Apnoetrainings. Es reicht also nicht aus, sich ein paar Tutorials über das Apnoetauchen bei YouTube oder sich entsprechendes Buchmaterial anzuschauen:

  • Luftanhalten, mit dieser Anleitung sind 4 min ein Kinderspiel (Apnoe tauchen lernen kann wirklich jeder...)

über den Autor dieses Buches erspare ich mir jegliches Urteil! Wer diese Sportart erlernen möchte, sollte sich nur in professionelle Hände begeben. So hat zBsp. der TC Lemgo e.V. eine Apnoe Tauchlehrerin. Dort kannst Du die Grundlagen des richtigen Atmens, stilgerechtes Abtauchen, entspannte Flossenschlagtechnik und Sicherheitsregeln beim Apnoetauchen erlernen...
...und ab und zu auch mal die Luft anhalten! 
Euer Uwe