„Karussell fahren“ unter Wasser
Durch verschiedene Störungsmöglichkeiten des Gleichgewichtsorgans kann es zu einem Drehschwindel und in der Folge zu Übelkeit oder sogar Erbrechen kommen. Die häufigsten Schwindelursachen beim Tauchen sind hier kurz dargestellt…
„Kalorischer“ Schwindel
Eine mögliche Ursache des sogenannten "kalorischen" Schwindels ist durch Temperaturunterschiede bedingte Schwindel. Dieser kann schon infolge kalter Wassertemperaturen eintreten, wenn kaltes Wasser in die Gehörgange gelangt aber auch wenn es bei einem Mittelohr-Barotrauma zum Einriss des Trommelfells und damit zum Eintritt von kaltem Wasser in das Mittelohr, so führt das kalte Wasser zu einer vorübergehenden Abkühlung im Bereich des Mittelohres. Da der seitliche Bogengang des Gleichgewichtsorgans nur durch einen dünnen Knochen vom Mittelohr getrennt ist, kommt es hier auch zu einer Abkühlung der Innenohrflüssigkeit im Bogengang. Die abgekühlte, physikalisch schwerere Innenohrflüssigkeit sinkt ab und führt so zu einer Flüssigkeitsbewegung im seitlichen Bogengang, die von Nervensystem als Drehbewegung des Körpers interpretiert wird. Nach Erwärmung des eingedrungenen Wassers verschwindet der Drehschwindel jedoch wieder innerhalb weniger Minuten.
„Alternobarer“ Schwindel
Ein durch Druckunterschiede bedingter Schwindel kann sowohl in der Kompressionsphase als auch in der Dekompressionsphase eines Tauchgangs auftreten. Hat ein Taucher während des Abtauchens auf einem Ohr Druckausgleichsprobleme mit Verlagerung von Steigbügelfußplatte und Rundfenstermembran, kann es durch die unterschiedlichen Druckverhältnisse in beiden Gleichgewichtsorganen wie beim oben beschriebenen einseitigen Kaltwasserreiz zu Drehschwindel und evtl. weiteren Begleitsymptomen kommen. Auch in der Auftauchphase ist bei einem einseitigen inversen Barotrauma des Mittelohres durch die unterschiedlichen Druckverhältnisse in beiden Innenohren eine entsprechende Symptomatik möglich. Wird bei einem Mittelohr-Barotrauma versucht, den Druckausgleich im betroffenen Ohr mit einem kräftigen Valsalva-Manöver zu erzwingen, so kann dies zu einer Erhöhung des Drucks im gesamten Kopfbereich und damit zu einer Verstärkung der Druckunterschiede im betroffenen Ohr führen. Möglicherweise tritt ein Drehschwindel erst dann auf, wenn ein kräftiges Valsalva-Manöver durchgeführt wird.
„Idiopathischer“ Schwindel
Als "idiopathisch" bezeichnet man die Fälle von Drehschwindel, bei denen keiner der oben genannten Ursachen für eine Funktionsstörung des Gleichgewichtsorgans gefunden wurde. In der Tat gibt es Funktionsstörungen des Gleichgewichtsorgans, die unter normalen Umgebungsbedingungen überhaupt nicht auffällig werden, da die Fehlfunktion durch die ergänzenden Orientierungsmöglichkeiten des Sehorgans und der Haltemuskulatur kompensiert werden. Fallen diese Informationen unter Wasser bei schlechter Sicht und Gewichtslosigkeit weg, muss sich der Mensch weitgehend auf seine Gleichgewichtsorgane verlassen. Vorbestehende, einseitige Funktionsstörungen können in dieser Situation zum Auftreten eines Drehschwindels führen. Besonders empfindlich reagieren die seitlichen Bogengänge wenn Sie senkrecht stehen, besonders unempfindlich sind sie dagegen bei horizontaler Lage. Dieser Umstand kann zu der Situation führen, dass ein Taucher, der beim waagerechten Tauchen über einen ebenen Grund einen Drehschwindel bemerkt und den Tauchgang deshalb abbricht, schon kurz darauf, während des Auftauchens (bei horizontaler Lage des seitlichen Bogengangs) jedoch gar keinen Drehschwindel mehr verspürt.
„Druckdifferenz“ Schwindel
Durch unterschiedliche Druckverhältnisse im Mittelohr kann es während des Auf- oder Abstiegs zu Drehschwindel kommen. Da eine Druckerhöhung über das runde und ovale Fenster auf das Innenohr übertragen wird und hierdurch das Gleichgewichtsorgan stimuliert wird, kann es bei einer seitendifferenten Reizung des leichgewichtsorgans zu Schwindelsymptomen kommen. Das Gehirn erhält unterschiedliche Signale von beiden Seiten, die zu einem Verarbeitungsproblem führen, worauf der Körper mit Schwindel reagiert. Bei der Seekrankheit handelt es sich um ein ähnliches Phänomen: unterschiedliche Signale des Gleichgewichtsorgans und der optischen Wahrnehmung führen zu einer Fehlinterpretation woraufhin Schwindel und Übelkeit entsteht.
„Weitere Formen“ des Schwindels
Innenohr-Barotrauma
Im Rahmen eines Innenohr-Barotraumas mit Verlust von Innenohrflüssigkeit ins Mittelohr kann es neben der oben bereits beschriebenen Schwerhörigkeit auch zu Drehschwindel kommen. Die Funktion der Sinneszellen von Hörorgan und Gleichgewichtsorgan sind in gleicher Weise abhängig von einer ausreichenden Versorgung mit Nährstoffen und Sauerstoff durch die Innenohrflüssigkeit.
Innenohr-Dekompressionskrankheit
Im Vorgriff auf das Kapitel Unfälle/Notfälle soll hier nur kurz angesprochen werden, dass eine Dekompressionskrankheit (DCS) mit Symptomen ausschließlich im Bereich der Innenohren beim Sporttauchen mit Pressluft eine Rarität darstellt. Häufiger tritt die isolierte Innenohr-Dekompressionskrankheit allerdings bei Sättigungstauchgängen mit Helium-Gasgemischen auf. Bereits während der Dekompressionsphase können hier Gasblasen in der Innenohrflüssigkeit entstehen. Hierdurch kommt es zu Funktionsstörungen der Haarzellen in der Schnecke und der sensiblen Nervenzellen im Gleichgewichtsorgan mit Drehschwindel, Übelkeit etc.
Also, immer schön die Ohren steif halten...
Euer Uwe
Quelle(n)
VDST
Wikipedia